Die Verkehrspolitik des Landes war zentrales Thema der Kreisdelegiertenkonferenz der Enzkreis-SPD, die am vergangenen Dienstag im Gasthaus "Sonne" in Tiefenbronn abgehalten wurde.
Rund 75 Teilnehmer fanden sich ein, 57 davon als stimmberechtigte Delegierte aus den SPD-Ortsvereinen des Enzkreises. Mit der Bundestagsabgeordneten Katja Mast und dem Landtagsabgeordneten Thomas Knapp waren auch Vertreter dieser Gremien anwesend.
Der Kreisvorsitzende und Versammlungsleiter Timo Steinhilper konnte als Gastredner den baden-württembergischen Landtagsabgeordneten Hans-Martin Haller begrüßen. Haller ist langjähriger Verkehrsexperte. Er hielt seinen Eröffnungsvortrag zum Thema "Mobil in die Zukunft - innovative Verkehrskonzepte für unser Land!"
Haller lobte die zur Zeit nicht nur durch S21 in Bewegung gekommene Diskussion in der Verkehrspolitik des Landes. Baden-Württemberg als der Wirtschaftsstandort mit starker Bindung an den Export und Wirtschaftsbeziehung zum Ausland muss handeln, denn ca. 65 % der Landesstraßen befänden sich in sehr schlechtem Zustand. Da die Autobahnen und Bundesstraßen durch Berlin finanziert werden, muss die Landesregierung dringend auf das Bundesverkehrsministerium einwirken, um den Anforderungen an Schiene und Straße gerecht zu werden. Während in den vergangenen Jahren sehr viel Geld in den Ausbau des Verkehrsnetzes in den östlichen Bundesländern geflossen ist, hat sich mittlerweile in Baden-Württemberg eine "Zerflätterung" breit gemacht. Zu wenig ist passiert, und es gäbe eine große Diskrepanz zwischen dem, was die Landesregierung versprochen habe und dem, was tatsächlich realisiert wurde, so der Verkehrsexperte. Nirgendwo sähe man die Auswirkungen dieser Politik so wie am Zustand der Straßen. Im Nah-, Fern- und Güterverkehr müsse auch mehr Ausgewogenheit in den Maßnahmen angewandt werden. Hierzu zähle vor allem die Einrichtung von geeigneten Umschlagsplätzen für die Logistikzentren, um die Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Schiene mit der anschließenden (Wieder-)Verteilung besser abwickeln zu können.
Haller hob die derzeit zwei wichtigsten verkehrspolitischen Maßnahmen hervor. Zum einen ist dies die Rheintaltrasse, um den Schienenverkehr Nord-Süd bis zum schweizerischen St. Gotthard zu verbessern und anderseits die Strecke Paris-Budapest mit den derzeit heiß diskutierten Projekten Durchgangsbahnhof Stuttgart und die Trasse Stuttgart-Ulm. Er erläuterte vor allem zu S 21 die Historie und die parlamentarischen Entscheidungsprozesse, die alle demokratisch und rechtlich ohne Beanstandung verliefen. Aussagen wie zum Beispiel von den Grünen, dass diese zwar "legal, aber nicht legitim" gelaufen seien, könne er nicht nachvollziehen. Von allen beteiligten parlamentarischen Gremien wurden die Sachverhalte immer abgewogen und so die Beschlüsse gefasst.
Die sich den Erläuterungen Hallers anschließende Diskussion verlief teilweise kontrovers, aber sehr offen und geordnet. Einen wichtigen Beitrag lieferte der Landtagsabgeordnete Knapp. Er führte u. a. aus, dass die Vorteile von S 21 für den Enzkreis und das Mittelzentrum Mühlacker klar auf der Hand lägen und kritisierte dabei die bisherige Informationspolitik der Landesregierung. Wenn die Bundesmittel für Stuttgart 21 nicht in Anspruch genommen würden, so kämen diese nicht für andere Vorhaben nach Baden-Württemberg. Bei einer geschätzten Dauer von ca. 10 Jahren an Bauarbeiten schaffe das Projekt immense Möglichkeiten an Beschäftigung. Man müsse daher an den Beschlüssen festhalten. Sicherlich ist eine Volksbefragung für das weitere Vorgehen eine wichtige und richtige Maßnahme, aber an der Notwendigkeit von S 21 lies Knapp keine Zweifel. Der Vorsitzende Steinhilper ergänzte, dass auch die so genannten Nebeneffekte nicht außer Acht gelassen werden dürfen, und führte die verkehrstechnische Anbindung der Messe Stuttgart und des Flughafens sowie die verbesserte Infrastruktur im Land an, wie beispielsweise auch die Elektrifizierung der Südbahn auf der Strecke Friedrichshafen-Ulm.
Dass das Projekt Stuttgart 21 auch für den Enzkreis Priorität hat, daran ließen die Delegierten aus den SPD-Ortsvereinen im Enzkreis keinen Zweifel. Mit 85% Zustimmung befürworteten sie in einer Abstimmung das Projekt Stuttgart 21.
Im zweiten Teil der Veranstaltung standen Delegiertenwahlen zum SPD-Landesparteitag am 16. Oktober in Ulm an. Gewählt wurden Dominique Köppen (Königsbach-Stein), Timo Steinhilper (Knittlingen), Saziye Sahin (Mühlacker), Gabriela Fuchs (Keltern), Kurt Bickel (Sternenfels) und Susanne Nittel (Keltern). Ersatzdelegierte sind Nils Nonnenmacher (Remchingen) und Atef Abdallfatah (Illingen).
Kurt Bickel, Pressesprecher, 23.09.2010